Österreich: Bericht vom Pfingstseminar 2011

Das Pfingstseminar der Funke-Strömung: ein langes Wochenende voll mit politischen Diskussionen und selbstorganisierter Freizeitgestaltung im Zeichen internationaler Solidarität. Mit Bildergalerie.

Politisch stand das heurige Pfingstseminar der Funke-Strömung unter dem Eindruck der arabischen Revolution. Deshalb auch das Motto: „Fight like an Egyptian!“ Doch schon in den Wochen vor dem Seminar zeichnete sich ab, dass die revolutionäre Welle, die in Tunesien und Ägypten ihren Ausgang nahm, auch nach Südeuropa schwappen würde. Aus diesem Grund entschieden wir uns kurzfristig das Programm etwas umzustellen und das offizielle Seminarprogramm mit einer Plenumsdiskussion zu den Protestbewegungen in Spanien und Griechenland zu starten. In seinen Begrüßungsworten erklärte Funke-Redakteur Gernot Trausmuth, dass wir unsere Aufgabe als MarxistInnen darin sehen in Österreich über diese Bewegungen zu berichten, Solidaritätsarbeit zu leisten, den fortgeschrittensten revolutionären AktivistInnen eine marxistische Perspektive zu geben und uns selbst anhand dieser Erfahrungen in anderen Ländern auf künftige revolutionäre Bewegungen in Europa vorzubereiten. Die MarxistInnen erklärten seit Jahren schon, dass wir es mit einem weltweiten Prozess der Instabilität zu tun haben, der revolutionäre Bewegungen hervorbringen wird. Was lange Zeit vielen als abstrakte Idee vorkam, ist durch die Ereignisse in der arabischen Welt in den letzten Monaten aber offen sichtbar an die Oberfläche getreten.

In seinem Referat zeigte Jorge Martin von der IMT dann im Detail unter welchen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bedingungen sich die Bewegung „15. Mai“ in Spanien als Reaktion auf die tiefe Wirtschaftskrise, die Sparpakete und die fatale Folge der „sozialistischen“ Regierung bzw. der sozialpartnerschaftlich ausgerichteten Gewerkschaftsspitzen entwickelte. So wie die AktivistInnen in Spanien von den Bewegungen in Tunis und Kairo inspiriert wurden, so nahm sich die Bewegung in Griechenland in der Folge Anleihen an der Bewegung in Madrid und anderen spanischen Städten. All diese Bewegungen sind Teil eines weltweiten Prozesses, dessen materielle Ursache die Krise des Kapitalismus darstellt. Der Ruf nach „Echter Demokratie Jetzt“, der von Kairo über Madrid bis Athen erhoben wird, ist nichts anderes als das Streben der Diktatur der Banken und Konzerne ein Ende zu setzen.

In der Diskussion wurde vor allem betont mit welchem Programm MarxistInnen den Kampf gegen Sparpakete und die Staatsschuldenkrise führen. In seinem Beitrag trug Emanuel Tomaselli die jüngste Resolution der Gewerkschaft der griechischen Gemeindebediensteten vor, in der ein unbefristeter politischer Generalstreik und de facto der Sturz der Regierung gefordert werden. Es ist dies das Programm, mit dem auch die griechischen MarxistInnen der Bewegung auf dem Syntagma-Platz eine revolutionäre Perspektive zu geben versuchen. In dieser Plenumsdiskussion wurde jedenfalls deutlich wie wichtig es ist Teil einer internationalen Strömung zu sein. Diese ist eine Grundvoraussetzung, um in dieser Epoche der kapitalistischen Krise die richtigen Perspektiven für den revolutionären Kampf entwickeln zu können.

Am Samstag Nachmittag folgte dann die erste Workshop-Einheit mit Diskussionen zur Arabischen Revolution und zur Frage von Kapitalismus und Ökologie. Außerdem konnten wir Tina Tauß (Bundesvorsitzende der JG), Michi Gogola (SJ Schwechat) und Kollegen Pingitzer (VDSÖ) zu einer Debatte über die von der SPÖ geplante Abschaffung der Wehrpflicht begrüßen. Tina Tauß, die den Standpunkt der SPÖ vertrat, stand naturgemäß im Kreuzfeuer der Kritik. Die GenossInnen der Funke-Strömung beließen es in der Debatte aber nicht nur bei der Verteidigung der Wehrpflicht sondern erklärten, dass es in dieser Frage vor allem um einen klaren Klassenstandpunkt bei der Analyse des bürgerlichen Staates geht.

Der Abend klang mit einem gemeinsamen Singen von ArbeiterInnen- und Revolutionsliedern am Lagerfeuer aus.

Am Sonntag ging das politische Programm mit dem zweiten Teil der Einführung in den Marxismus, Workshops zu Rassismus u.a. weiter. Erstmals am Pfingstseminar gab es eine Diskussion zum Thema Homosexualität geleitet von Genossen Harald Stadler, einem Funke-Unterstützer und SoHo-Aktivisten aus Salzburg. Auf der Grundlage der Diskussionen im Workshop werden wir ein marxistisches Programm gegen Formen der Unterdrückung aufgrund sexueller Orientierung entwickeln.

Der Nachmittag glänzte dann durch eine Reihe von politisch hochkarätigen Diskussionen. In einem sehr stark besuchten Workshop berichteten Genossen aus Serbien, Bosnien und der Slowakei über die Perspektiven des Klassenkampfs am Balkan und in Osteuropa. Das Ergebnis dieser Debatte werden wir in Kürze in Form eines Diskussionspapiers auch in schriftlicher Form veröffentlichen. Dieses Seminars war auch eine gute Gelegenheit unsere Beziehungen zur Gruppe Mladna Bosna-Jost aus Sarajewo zu vertiefen.

In einem Workshop ging es um die Ausarbeitung eines marxistischen Programms gegen Jugendarbeitslosigkeit und Lehrlingsausbeutung. Die Lehrlinge und JungarbeiterInnen auf dem Seminar berichteten in diesem Arbeitskreis über ihre Erfahrungen im Betrieb, die Missstände und formulierten aufbauend darauf einen Forderungskatalog. Auch diese Ergebnisse werden wir in den nächsten Tagen veröffentlichen. Hier zeigte sich jedenfalls, dass es der Funke-Strömung gelungen ist v.a. in Vorarlberg eine erste Verankerung in der ArbeiterInnenjugend zu erreichen.

Ebenfalls an diesem Nachmittag fand eine Diskussion mit dem Verbandssekretär der SJÖ Malk Wallner zum Thema Sparpakete und die Aufgabe von SozialistInnen statt. Gerade angesichts des Verhaltens der SJ rund um das Sparpaket in der Steiermark war dies eine sehr brisante Debatte. Im Rahmen dieser Diskussion bilanzierte Martin Wieland, Funke-Unterstützer und Vertrauensperson am AKH Linz, die Rolle der Gewerkschaften in Protestbewegungen wie jüngst im Falle der Spitalsreform in Oberösterreich. Anhand dieser konkreten Klassenkampfbewegungen in den vergangenen Monaten zeigte sich jedenfalls sehr gut die Notwendigkeit in der ArbeiterInnenbewegung eine starke marxistische Strömung aufzubauen.

Das Pfingstseminar ist aber mehr als nur Politik im engeren Sinne. Heuer gab es auch eine Reihe von sportlichen Aktivitäten. Neben dem „Frühsport“-Programm der SJ Vorarlberg gab es diesmal auch ein sehr gut organisiertes Fußballturnier. Bestes Team des Turniers waren die „Ballschewiki“, die ohne Gegentreffer alle Spiele überlegen gewannen. Heimlicher Sieger war aber das zusammengewürfelte internationale Team mit Genossen aus der Schweiz, Deutschland und Serbien.

Absolutes Highlight des Freizeitprogramms war wieder einmal das „Polit-Quiz“. Trotz des Ausfalls von Showmaster Lukas Riepler war dieses Event wieder ein Bombenerfolg. In 15 Fragen mussten die teilnehmenden Teams ihr Wissen und ihre Kreativität beweisen. Erstmals gab es heuer für das Siegerteam auch einen Wanderpokal.

Das Gelingen des offiziellen Programms erfordert aber eine Vielzahl von Arbeiten hinter den Kulissen. Kochen, Putzen, Bardienst, Grillen und nicht zu vergessen die Kinderbetreuung (insgesamt waren 10 Kinder im Alter von 1 bis 11 Jahren auf dem Seminar) werden von allen TeilnehmerInnen gemeinsam gemacht. Diese Form der Selbstorganisation allein schon macht das Pfingstseminar zu einem einzigartigen Event.

Dieses Seminar legte die politische Grundlage, um in einer Reihe von Fragen die Arbeit der marxistischen Strömung in Österreich aber auch international zu festigen und weiterzuentwickeln. An diesem Wochenende wurde in der Praxis gezeigt, was internationale Solidarität wirklich bedeutet!

Und damit du nächstes Jahr auch sicher auf dem Pfingstseminar dabei sein kannst, SAVE THE DATE: 25.-28. Mai 2012

Bericht eines Teilnehmers aus Bosnien:
prometej.ba