9/11 – 2 Jahre danach

German translation of September 11 - two years on.

Heute vor 2 Jahren sah die Welt ungläubig, wie absichtlich zwei Flugzeuge in die New Yorker Zwillingstürme krachten. In wenigen Minuten zerbrach Amerikas Traum der Unverwundbarkeit in einen Haufen von deformierten und brennenden Trümmern. Eine unheimliche Dunkelheit ließ sich über der Stadt nieder. Als aus dem Chaos Menschen hervortraten, waren sie mit Staub bedeckt und sahen aus wie etwas aus der entfernten, wilden Vergangenheit.

Zwei Jahre später wird dieser Jahrestag von der herrschenden Klasse in den USA zynisch missbraucht, um ihre kriegerische Politik zu rechtfertigen, während zur gleichen Zeit der Standort einer großen menschlichen Tragödie begraben wird, um neue Büros für einen noch größeren Ruhm des Profits und der freien Marktwirtschaft zu konstruieren.

An diesem Jahrestag der schrecklichen Ereignisse des 11. Septembers, ist es notwendig, eine nüchterne Bilanz der globalen Situation zu skizzieren. Wir müssen einen Schnitt durch den Nebel der offiziellen Propaganda und Hysterie machen, um an die Wahrheit zu kommen. Unsere Pflicht (mit den Worten von Spinoza) ist es weder zu weinen, noch zu lachen, sondern zu verstehen.

Die barbarischen Szenen vor zwei Jahren waren kein Unfall. Sie waren nur eine Reflexion des Barbarismus der den gesamten Planeten verschlingt. Das ist wo alle Versprechungen einer Neuen Weltordnung aufgehört haben. Dieser historische Zeitabschnitt, in den wir eingetreten sind, ist charakterisiert von einer weltweiten Instabilität. Es gleicht dem Beginn des Chaos wenn ein physikalisches System Turbulenzen erfährt. Alle Versuche diese Turbulenzen zu kontrollieren, den Krieg gegen den Terror, den enormen und beispiellosen Militärausgaben, die „Homeland Security“, die Invasion Afghanistans und des Irak – alle haben sich als absolut Hilflos erwiesen,  um nur eine gewisse Ähnlichkeit von Ordnung herzustellen.

Die Reaktion von George W. Bush auf die angegriffenen Zwillingstürme war es, einen „Krieg gegen den Terror“ zu erklären. Dies wurde dann als ein Blankoscheck interpretiert, der den USA erlaubte, jedem beliebigen Land den Krieg zu erklären, von dem man annahm, das es eine Bedrohung der eigenen nationalen Sicherheit wäre. Erst attackierten und besetzen sie Afghanistan, dann machten sie mit dem Irak dasselbe. Tatsache ist, dass der Rechte Flügel in der Administration den Irak sofort angreifen wollte, aber seine Pläne wegen der Opposition in London verschieben musste.

Aber was haben all diese Maßnahmen gebracht? Vier Monate nach der Kriegserklärung gegen den Irak teilte Präsident George Bush am Sonntag den 7. September der amerikanischen Bevölkerung mit, dass ihre Verpflichtung im Irak „schwierig und teuer“ sein wird. Unaufhörliche Gewalt, bemerkte er, forderte das Leben Amerikanischer und Britischer Soldaten, Hilfsbediensteten und gemäßigten Irakern. Bush sagte ebenfalls, dass er den Kongress um 87 Billionen Dollar für zusätzliche Ausgaben im Irak und Afghanistan bat, das meiste davon um Militärkosten zu zahlen. Diese Summen ist ein Geständnis des Weißen Hauses, dass die Situation im Irak außer Kontrolle ist, eine Tatsache die von der Britischen Ankündung am Montag, ihr Kontingent im Irak um 1200 Soldaten aufzustocken, bestätigt wurde.

In seiner Rede beschreibt er den Irak als die „Hauptfront“ im Krieg gegen den Terror, der vor 2 Jahren den 11. September Attacken folgte. Dies ist ein roher Versuch die Vergewaltigung des Irak zu rechtfertigen, indem eine Verbindung zwischen Bagdad und den Ereignissen am 11. September gezogen wird. Aber es gibt nicht die Spur eines Beweises irgendeiner Verbindung zwischen dem Regime Saddam Husseins und der Al-Qaida. Das Baath-Regime stand Bin Laden feindselig gegenüber, dieser betrachtete es wiederum als atheistisch.

Es gibt auch immer mehr Meldungen, dass ausländische Kämpfer in den Irak infiltrieren um Amerika zu bekämpfen. Unter ihnen sind wohl auch Unterstützer Bin Ladens. Dies ist jedoch ein direktes Resultat der amerikanische Invasion und des Machtvakuums, das durch die Zerstörung des alten Regimes erzeugt wurde. Die US Imperialisten, die sich vorstellten, dass alles durch Gewalt und Bestechung zu lösen wäre, verstanden nichts, sahen nichts vorher, waren nicht vorbereitet. Das Resultat war Chaos – und das nicht nur im Irak.

Die Neuigkeiten aus dem Irak (und aus Afghanistan) sind schlecht, und werden unzweifelhaft schlimmer werden. Die Iraker kämpfen einen Krieg der nationalen Befreiung und verwenden eine Guerilla-Taktik. All das Blut und Gold, das Amerika in den Irak  schütten wird, wird den Imperialisten nicht helfen diesen Konflikt zu gewinnen. Die 87 Billionen Dollar, die Bush vom Kongress forderte, sind eine enorme Summe – etwas das eineinhalbfache des geschätzten Vorkriegsbruttosozialprodukt des Irak. Dies wird zusätzlich zu den vorhergehenden Ausgaben von beinahe 80 Billionen Dollar aufgewendet. Wird dies vom Kongress akzeptiert, würde es Amerikas bereits erreichtes Rekorddefizit nächstes Jahr auf wohl über 500 Billionen Dollar steigern. Und das wird nicht genug sein.

Der finanzielle Abfluss wird enorm sein, ebenso wie die Belastung der amerikaninschen Militärressourcen. Amerika hat die Zeit des Aufenthaltes seiner Nationalgardisten und Reservisten im Irak verlängert. Obwohl der Verteidigungssekretär Donald Rumsfeld bisher den Rufen von Kongressabgeordneten und anderen, mehr Truppen in die Region zu schicken standhielt, wird dies geschehen müssen. Der Krieg im Irak, weit von seinem Ende entfernt, kann sich noch über Jahre hin fortsetzen, eine ständige wunde Stelle die die Energie und die Ressourcen der USA auszehren wird.

War die Strategie des US Imperialismus erfolgreich, indem sie der Welt mehr Stabilität oder den vereinigten Staaten mehr Sicherheit brachte? Im Gegenteil, es machte die ganze Welt instabiler und gefährlicher. Überall brechen neue Krisen und Konflikte aus. Der Versuch, ein Friedensabkommen zwischen Israel und Palästina auszuhandeln, brach in ein Gewirr aus Blut und Chaos zusammen. Die Spannungen zwischen der Türkei und den Kurden nehmen zu und die PKK beendete ihren Waffenstillstand. Der Konflikt mit Nordkoreas wegen dessen nuklearen Programms verbleibt ungelöst.

Die Ereignisse des 11. September wurden von Bush und der Rechten Clique im Weißen Haus benützt, um eine neue und aggressive Politik des Imperialismus auf globaler Ebene zu rechtfertigen. Erst jetzt werden die menschlichen und ökonomischen Kosten dieser Politik klar. Die „guns before butter“ Politik wird auf wachsenden Widerstand der Menschen in Amerika und Europa treffen. Sie bedingt bedeutende Kürzungen der Sozialausgaben, Angriffe auf die Rechte der Arbeiter, Gehälter und Pensionen, Schulen und Krankenhäuser. Sie bedeutet neue Angriffe auf demokratische Rechte und die Erosion jener Elemente der Demokratie, die von der Arbeiterklasse über Jahrzehnte des Kampfes gewonnen wurden.

Die Periode nach dem 11. September, ist die turbulenteste, gewalttätigste und labilste in der Geschichte der Menschheit. Die gesamte Welt wurde in den Wirbel aus Krisen und Kriegen gezogen. Kein einziges Land wird entkommen. Die Idee, dass Frieden unter den Bedingungen tiefer kapitalistischer Krisen möglich ist, ist eine dumme Illusion. Es wird ein Krieg nach dem anderen stattfinden, solange die verschiedenen Gruppen von Kapitalisten um den Besitz von Märkten, Rohstoffquellen und Interessensbereichen kämpfen. Der gerade stattfindende Kampf zwischen den USA, Frankreich und Deutschland über den Einfluss im Irak ist nur ein Beispiel hierfür. In Wirklichkeit existiert eine wachsende Kluft zwischen Europa und Amerika, die den tiefen ökonomischen und strategischen Antagonismus reflektiert. So lange die UDSSR existierte, waren diese Widersprüche versteckt. Nun dringen sie an die Oberfläche.

Die Antikriegsbewegung, die Millionen Menschen auf die Strasse brachte, ist ein Indiz für eine Veränderung in der Gesellschaft. Es waren nicht nur politische Aktivisten, sondern großteils „normale“ Männer und Frauen die sich zum ersten Mal in ihrem Leben an Demonstrationen beteiligten. Die aktive politische Beteiligung der Massen ist die erste Bedingung für eine Revolution.

Natürlich zeigt die Massenbewegung anfänglich viele Hinweise auf Unerfahrenheit und Naivität. Sie glaubten, dass der Krieg verhindert würde, wenn die Mehrheit ihre Opposition demonstriert. Aber die Erfahrung hat ihnen die Grenzen von Demonstrationen aufgezeigt – so wichtig diese auch sind. Es ist mehr vonnöten. Es ist eine bewusste politische Handlung notwendig, um eine grundlegende Änderung zu bringen. Es ist die radikale Annullierung eines ungerechten, korrupten und degenerierten gesellschaftlichen Systems nötig, das Kriege , Ausbeutung, Tod und Zerstörung nötig. Dies ist ein System das seine Nützlichkeit ausgelebt hat und ein Hindernis auf dem Weg des menschlichen Fortschritts wurde. Es ist ein System das auf Lügen und Täuschung basiert. Es kann nicht reformiert werden. Es muss gestürzt werden. Wenn erst einmal die Massen diese Lehre lernen, kann sie keine Kraft auf Erden stoppen.     

Weltweit ist das alte Gleichgewicht zerstört worden, und es gibt keinen Weg für die Kapitalisten es kurz- und mittelfristig wieder herzustellen. Sie stehen einem unlösbaren Problem gegenüber: um zu einem neuen ökonomischen Gleichgewicht zu gelangen, müssen sie Schritte setzen, die das soziale und politische Gleichgewicht zerstören. Um die Profitraten wiederherzustellen, müssen sie Arbeiter entlassen, Fabriken schließen und die Sozialausgaben kürzen. Um neue Märkte zu erobern, müssen sie Konflikte mit anderen Nationen eingehen. Mit anderen Worten, alle Versuche einen Weg aus dieser Krise im Rahmen des Kapitalismus zu finden, können nur auf Kosten der arbeitenden Menschen im Inland und im Ausland erfolgen.

Auf der Basis des Kapitalismus steht weltweit Millionen von Menschen eine grausame Zukunft bevor. Die allgemeine Instabilität des Kapitalismus auf globaler Ebene bedeutet eine Unvermeidlichkeit neuer Schocks. Unter den Hammerschlägen der Ereignisse wird die Arbeiterklasse der USA, Großbritannien, Frankreich und die ganze Welt lernen. Die Massen werden schmerzlich und langsam beginnen, revolutionäre Schlussfolgerungen zu ziehen. Unsere Aufgabe ist es ihnen mit geduldigem Erklären zu helfen, Schritt für Schritt voranzuschreiten, nicht zu eilig vor der allgemeinen Bewegung zu hasten, aber mit ihr Schritt zu halten, während man sie nach vorne treibt.

Die plötzlichen Schocks und Krisen können plötzliche und unerwartete Veränderungen im Bewusstsein hervorbringen. In den Tagen und Wochen, die dem 11. September folgten, veränderten sich die Menschen. Millionen, die abgesehen vom Prüfen der Sportseiten nie eine Zeitung lasen, interessierten sich plötzlich für Politik. Sie lasen die Reden ihrer Führer, sie folgten weltweiten Ereignissen, sie lernten unbekannte Namen und versuchten ein gewisses Verständnis von den Ursachen für das Geschehen zu entwickeln.

Die kurzfristigen Resultate des 11. Septembers haben einen völlig reaktionären Charakter. Das Paradoxe am individuellen Terrorismus ist, dass er immer Resultate erreicht die diametral seinen Absichten entgegengesetzt sind. Schwächte dieser Angriff den US Imperialismus? Tat er nicht. Er diente nur der Stärkung des reaktionärsten und aggressivsten Sektors der herrschenden Klasse in Amerika. Er lieferte die Ausrede für die Erhöhung der Militärausgaben durch Bush und Rumsfeld und einer Reihe von ausländischen Abenteuern mit geringer oder keiner Opposition im eigenen Land. Er erlaubte ihnen das Militär und den staatlichen Repressionsapparat zu stärken und demokratische Rechte einzuschränken. Er erzeugte eine Atmosphäre von Fremdenfeindlichkeit und Chauvinismus. Er steigerte die Unterstützung für Bush und die Republikaner and stärkte den rechten Flügel in der Administration.

Nun beginnen sich all diese Faktoren in ihr Gegenteil zu verwandeln. Die von Bush gestarteten militärischen Abenteuer werden ihn selbst heimsuchen. Amerika wird herausfinden, dass seine Macht, obwohl kolossal, begrenzt ist. Der enorme Abfluss seiner Ressourcen werden die Krise im Land verschlimmern. Die Zweifel und das Hinterfragen werden wachsen und die Ideen die jetzt nur von einer unscheinbaren Minderheit gehört werden, werden eifrig von Millionen akzeptier werden.

Pessimisten werden den 11. September als einen weiteren Beweis der menschlichen Grausamkeit gegenüber Menschen sehen. Sie werden ihren Kopf schütteln und sich abwenden. Aber solche Standpunkte lösen nichts, noch erklären sie etwas. Es ist nutzlos sich die Krise der Menschheit im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts durch unsere Gene, die menschliche Natur und die Sterne erklären zu wollen. Eine seriöse Analyse wird zeigen, dass es keines dieser Dinge ist, sondern nur eine besondere Manifestation der Sackgasse eines dem Tode geweihten sozioökonomischen Systems. Diese Erschütterungen sind jenen ähnlich, die todkranken Personen erfahren. Der Unterschied ist, dass wenn ein System krank ist, bedeutet dies Tod, Schmerzen und Unglück für Millionen von Menschen. 

Ein System, das Leben und Schicksal der gesamten Menschheit den Interessen einer Minderheit von obszön reichen Männern und Frauen unterordnet, die riesige Konzerne besitzen und kontrollieren, die Welt beherrschen, ist verantwortlich für das vorherrschende Chaos. Es muss abgeschafft und durch ein rationales System einer Planwirtschaft ersetzt werden. Weltweit würde das in eine neue Periode der Menschheitsgeschichte führen, in der Kriege, Arbeitslosigkeit, Armut und Unterdrückung nur eine schlechte Erinnerung an die barbarische Vergangenheit sein wird.